Comtheo * Meditationen von Vikarin Susanne Jensen


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Du stellst meine Füße auf weiten Raum und schenkst mir einen Baum als Freund.


5.Meditations-Abend - 17.Oktober - Symbol „Baum“
Ich begrüße Sie herzlich zu der 5.Meditation
in der St.Marienkirche mit dem Thema „Baum“
Stellen sie sich vor,
daß sie einen Spaziergang machen
an einem Herbsttag.

Es ist später Nachmittag
und die Sonne steht schon tief.
Ein roter leuchtender Ball
schickt seine Strahlen auf Feld und Wiesen.

Wo sie auch hinschauen
vor ihren Augen entsteht
ein wunderbares Schausiel
aus Licht und Schatten.

Ihr Weg führt sie
an einem bewachsenen steinernen Mäuerchen vorbei.
Herbstblumen erfreuen sie mit ihren
sommer-satten Farben.

Sie stellen fest:
es riecht anders - es riecht nach Laub, -
und es geht sich anders -
auf den Wegen
breitet sich der fallende Sommer aus.

Fallender Sommer:
Rot-braune Blätter -
Bucheckern und Eicheln.

Da liegt ein Ast.

Ihre Augen können sich kaum sattsehen
an diesem Farbenteppich aus
gelb - rot - braun - grün - ocker
leuchtend - abschiednehmend

In dieser sonnenbeschienenen Erlebniswelt
tauchen sie ein -
und wollen den Weg gehen und gehen ...

Der Weg und alles,
was es zu sehen gibt, zieht sie förmlich weiter
Er zieht sie hinein
in die Faszination Herbst

Sie nähern sich einem Garten.

Das Tor steht offen.

Vor ihnen liegt ein kleines Paradiesstück.
Doch ihnen fehlt etwas.
Es ist das summende Insektenvolk.
Wo sind sie geblieben,
die fleißigen Blütenstaubsammler?

Übriggebliebene
stumme Fliegen
stoßen sie an.
Als ob sie ihnen etwas sagen wollten.
Ihr Blick fällt auf einen krummgewachsenen Wacholder.
Er trägt ein seidenes Gewand
fein gesponnen aus Spinnweben.

Wo bist du - dicke Spinne?

Sie lösen sich
von diesem dunkelgrünen Kameraden
und lassen ihr Auge schweifen.
Rote Äpfel
hängen am Baum.
Pflückfertig - vorwitzig - sommersüß.

Sollten diese Äpfel für sie gewachsen sein?

Sie gehen weiter
Treten an den Rand einer Wiese
in deren Mitte ein Baum steht.

Er steht fest verwurzelt,
in alle Richtungen streckt er
seine mächtigen Wurzelfüße in die Erde.

Während sie sich seinem Stamm nähern
nimmt der Baum sie in seinen Schatten hinein.
Vor ihnen steht ein mächtiges Gebilde
Die Natur war sein Baumeister
Natürlich gewachsen
Formfreudig - von Rissen im Stamm gezeichnet
Steht vor ihnen ein Wunder.

Sie wollen dieses Naturwunder befühlen
und versuchen ihn zu umfassen.
2 ½ Menschen braucht es wohl
so viele Jahresringe haben ihn breit gemacht.

Weit über 100 Jahre Geschichte
sind in seiner Haut eingeschrieben.

Über ihnen raschelt es,
Wind bewegt die schon leicht braun gefärbten Blätter.
Eichenlaub will mit ihnen ein Gespräch führen.
Was sind das für Worte,
was erzählt der Baum?

Er spricht von Jahreszeiten,
Gewitterstürmen - alten Narben
Von Trockenheit und Regengüssen
Von Winterzeit und schwerem Schnee ...

Sie lehnen sich
mit dem Rücken gegen den Baum
gegen seine dunkelbraune Rinde

Seine Rinde
wird in ihrer Phantasie zu ihrer Haut
Sie und der Baum werden eins
Er gibt ihnen seine Stärke
Mit seinen Wurzeln holen sie
Wasser und Nährstoffe aus dem Boden

Mit seinen Blättern tanken sie
Luft und Sonne -
Ihr Durst wird gestillt
Ihr Atem wird ruhig

Der Baum
spricht zu ihnen vom Leben.

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CD-Musik: Tai Chi - Oliver Shanti 6 Friends - An Ti Dog Ma Ti Sm 4.04
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Das Gespräch über Bäume
wird nie beendet
solange es Worte
und Bäume gibt

Wer mag leben
ohne den Trost der Bäume

Den Baum der Erkenntnis
hat keiner
erkannt
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CD-Musik: An Ti Dog Ma Ti Sm 4.04
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Ich erinnere mich gut an eine Predigt,
die ich im Dezember 1993 in der Elisabeth-Kirche
Hamburg Eidelstedt, gehalten habe.

Im Predigttext hieß es, Röm 15,7:
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat
zu Gottes Lob.“
Ich habe drei Annahmegeschichten erzählt.

Die letzte Geschicht ist mir besonders eindrücklich
im Gedächtnis geblieben.

Ich hab erzählt:
Am Grindelberg steht ein Baum,
so einen habe ich noch nie gesehen.
Er hat herzförmige, hellgrüne Blätter,
groß wie Sonnenblumenblätter,
und 30 cm lange, dünne, senkrecht herabhängende Schoten.

Ein Wunderbaum - botanisch selten,
an einer sechsspurigen Autostraße
mitten in Hamburg.

Ein Blatt und eine Schote
habe ich in meiner Mappe herumgetragen
und habe jeden gefragt:
„Wie ist der Name von diesem Baum?“
Niemand wußte es.

Das Blatt und die Schote sind vergammelt
und der Baum steht jetzt kahl an der Straße.
Jahreszeitenwechsel.

In der Nacht vor meinem Geburtstag
habe ich geträumt:
Ich bin in einem Stadtviertel herumgelaufen.
Kopfsteinpflaster, Fachwerk und dunkle Gässchen.
Immer wieder Treppen, moosbewachsen, auf und ab.

An einer Kirche vorbei
bin ich auf eine Allee gestoßen.
Eine Allee voller Wunderbäume,
sie säumten den Weg mit ihrem hellen grün.
Baum an Baum,
Schote an Schote
führte der Weg geradeaus.

Ich ging geradeaus
und im Gehen wußte ich:
Gott will mir etwas sagen, Gott spricht:
Gehen ohne Ende
Gehen bis an die Grenze
Gehen und es gibt ein Gegenüber
hinter allem, hinter der Zeit.

Hier verlasse ich meine Predigt von damals.

Nach dem Gottesdienst
hatten wie Kirchenkaffee mit einem
Predigtnachgespräch.

Ein Kirchenvorsteher, Herr Stöckel,
lachte mich an und gab mir einen
kleinen Zettel in die Hand.
Darauf stand:
Catalpa Bignoniidides.
Der botanische Namen meines Wunderbaumes.
Sein natürliches Vorkommen
ist in Lateinamerika.

Ich war verblüfft
und habe mich immer wieder an diese Situation
erinnert - ja, nun wußte ich,
wie der Bursche hieß am Grindel.
Ich habe ihn später fotographiert
und bin immer eine Bus-Station weiter ausgestiegen,
um ihm guten Tag zu sagen.
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Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil für das du uns geschaffen hast.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz
dann wollen wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.
Amen

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